Heute im Haller Kreisblatt

Levi Wilhelm aus Borgholzhausen leidet an Osteosarkom – einer äußerst seltenen und tückischen Krankheit. Seit einem halben Jahr steht sein Leben und das seiner Familie Kopf. Wie sie den Alltag trotzdem meistern.

Zwölfjähriger im Kampf gegen den Krebs

Borgholzhausen Andre Schneider. Auf dem Kalender an der Wand steht ein Wort, das so wohl nur selten im Haller Kreisblatt erscheint: „Arschloch“. Levi oder seine Familie macht dort jeden Tag einen Haken. Mit jedem Tag kommt Levi seinem ersten Etappenziel etwas näher: das prognostizierte Ende der quälenden Chemotherapie. Zumindest vorerst.

Rückblick: Am 2. Februar gerät das Leben des fröhlichen Zwölfjährigen aus Borgholzhausen aus den Fugen. Die Diagnose Osteosarkom trifft ihn und seine Familie. Der im Volksmund als Knochenkrebs bezeichnete Tumor sitzt in Levis rechtem Oberarm. Dort hat er Schmerzen und lässt sich untersuchen. „Hat gesessen“, betont er, als das Haller Kreisblatt vorbeikommt.

Denn nach der Diagnose geht alles ganz schnell. Am 7. Februar muss sich der Heranwachsende einer ersten Operation unterziehen. Ein Port wird gesetzt und Gewebe entnommen. Eine Chemotherapie folgt.

Tagsüber viel geschlafen, abends trotzdem müde

„Die erste Chemo hat an einem Dienstag begonnen. Da ging es mir eigentlich gut. Einen Tag später hatte ich keinen Hunger. Da habe ich sehr viel geschlafen und war abends trotzdem müde“, schildert Levi. Die Medikamente machen ihm zu schaffen. Appetitlosigkeit und Probleme beim Essen folgen. Am 19. Mai wird der Tumor aus Levis Arm entfernt. Weitere Chemotherapien folgen. Haare hat der aktive Fußballer des TuS Solbad da schon nicht mehr. „Die haben wir abrasiert“, sagt Vater Lutz Wilhelm.

Die Therapien bringen nicht den gewünschten Erfolg. Das Gewebe des Tumors lebt noch zu etwa 50 Prozent. „Wir machen wahrscheinlich eine Strahlentherapie“, erklärt Mutter Kerstin Wilhelm. Sie begleitet ihren Sohn immer dann, wenn er länger ins Krankenhaus muss. Die Strahlentherapie ist der nächste Schritt. „Bei Osteosarkom gibt es einen genauen Fahrplan“, sagt Kerstin Wilhelm. Aber wirklich häufig muss dieser nicht angewendet werden.

Denn bei nur zwei von 100.000 Menschen wird diese Diagnose gestellt, weiß Vater Lutz. Meistens entsteht der Knochenkrebs im Wachstum zwischen zwölf und 15 Jahren. „Wir hatten vorher nie Berührungspunkte mit Krebs“, sagt Kerstin Wilhelm. Jetzt trifft die schwere Krankheit die vierköpfige Familie, zu der noch der neunjährige Milo gehört, heftig. „Familienleben gibt es bei uns eigentlich nur zwischen Tür und Angel“, meint Lutz. „Ich bin mehr im Krankenhaus als zu Hause“, bestätigt Levi. Und sein Vater ergänzt: „Manchmal komme ich abends nach Hause und weiß gar nicht, was ich geschafft habe, obwohl ich eigentlich eine Menge gemacht habe.“

Dort, in den Krankenhäusern in Essen und Bethel, versuchen die Schwestern und Pfleger alles möglich zu machen, um ihren jungen Patienten die schwere Phase erträglicher zu gestalten. Sie setzen sich abends ans Bett oder besuchen die Kinder.

Dann rückt in den Hintergrund, dass Levi und seine Familie gerade eine schwere Zeit durchmachen. Dessen sind sie sich bewusst, dennoch wirkt die Stimmung an diesem Sommertag, als Levi mit dieser Zeitung spricht, alles andere als gedämpft. Der Zwölfjährige plaudert über seine Leidenschaft Fußball und den FC Bayern München.

Die Leidenschaft seines Vaters Lutz gilt aber einer anderen Sportart: Handball. Er engagiert sich als Trainer bei Kreisligist TSG Harsewinkel II. Die TSG und die gesamte Handball-Familie im Kreis Gütersloh nimmt Anteil am Schicksal. Am Samstag (Anwurf 19 Uhr) kommt Bundesligist TBV Lemgo-Lippe in die Mähdrescherstadt (siehe Lokalsport). Die Einnahmen aus dem Benefizspiel gegen die Oberliga-Mannschaft aus Harsewinkel kommen der Familie zugute, die auch finanziell stark gebeutelt ist. Die D-Jugend des TuS Brockhagen bestreitet das Vorspiel, der TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck tritt gegen die Reserve aus Harsewinkel an. Levi will ebenfalls in die Halle kommen.

„Levi macht das richtig gut und kämpft tapfer“, lobt Lutz Wilhelm. Und die Erfolge kommen. Stolz berichtet er, dass er in die achte Klasse versetzt wird. Und plötzlich bekommt er ein Leuchten in den Augen. Die Antwort auf die Frage nach seinem Wunsch, wenn das alles vorbei ist, wenn die Tage am „Arschloch“-Kalender gezählt sind, fällt ihm leicht. „Ich wünsche mir einen Hund“, sagt Levi.

Wie lange es noch dauert, bis Levi den Krebs besiegt hat, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand. Aber daran, dass irgendwann ein Vierbeiner ins Haus der Wilhelms einziehen wird, zweifelt keiner. Denn Levi kämpft tapfer. Er bekommt so viel Unterstützung wie er braucht. Alles Gute, Levi!